InsO: BMF vom 17.01.2012 zu § 55 Abs. 4 InsO (Az. IV A 3 - S 0550/10/10020-05)
Der neu eingeführte Absatz 4 des § 55 InsO ist auf Insolvenzverfahren anzuwenden, die nach dem 31.12.2010 beantragt worden sind (Art. 103e EGInsO). Nach dieser Vorschrift begründen bereits auch „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter Masseverbindlichkeiten aus dem Steuerschuldverhältnis. Das Bundesministerium der Finanzen hat nunmehr in dem Schreiben vom 17.01.2012 zu einigen Detailfragen Stellung genommen. Einige wesentliche Punkte werden im Folgenden dargestellt:
1. Trotz des § 55 Abs. 4 InsO handelt es sich bei dem „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter nicht um einen Vermögensverwalter i. S. des § 34 AO. Er kann und darf daher z.B. keine Steueranmeldungen bzw. Steuererklärungen einreichen. Soweit bereits während der vorläufigen Insolvenzverwaltung Bescheide ergangen sind, erfolgt nach Insolvenzeröffnung keine erneute Bekanntgabe an den Insolvenzverwalter. Das Finanzamt kann in diesen Fällen nach Insolvenzeröffnung die Masseverbindlichkeiten mittels Leistungsgebot geltend machen. Hiergegen ist der Einspruch zulässig.
2. Die steuerlichen Nebenleistungen (z. B. Säumniszuschläge, nicht aber gegen den Insolvenzschuldner festgesetzte Verspätungszuschläge) auf Masseverbindlichkeiten teilen das Schicksal der Hauptleistung.
3. Der vorläufige Insolvenzverwalter kann auch durch bloßes Dulden oder Unterlassen Masseverbindlichkeiten i. S. des § 55 Abs. 4 InsO begründen. Auch Umsätze aus Dauerschuldverhältnissen (z. B. Mietverträge) würden demnach zu Masseverbindlichkeiten führen.
4. Das BFH-Urteil vom 09.12.2011 (die USt aus Altforderungseinzug führt zu Masseverbindlichkeiten, die USt aus bei Insolvenzeröffnung bestehenden Forderungen ist gem. § 17 UStG zu korrigieren) ist nicht auf Forderungen aus der vorläufigen Insolvenzverwaltung anzuwenden.
5. Während der vorläufigen Insolvenzverwaltung führt der Einzug von vor Insolvenzantrag begründeten Forderungen bei einer Sollbesteuerung nicht zu Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 4 InsO.
6. Auch Ertragssteuern (Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbsteuer) und Lohnsteuer fallen unter § 55 Abs. 4 InsO.
7. Die während der vorläufigen Insolvenzverwaltung entstehende Kfz-Steuer führt nur dann zu Masseverbindlichkeiten, wenn das Kfz mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters neu angemeldet wurde.
Berlin, den 07.02.2012
Schwarz, Steuerberater