AO/InsO: FG Münster vom 07.07.2010 (Az. 3 K 3206/06 L)

Der schwache vorläufige Insolvenzverwalter haftet steuerrechtlich nicht für Lohnsteuerschulden, auch wenn er trotz ausreichenden Guthaben die Bezahlung durch Lastschrift verhindert.

Sachverhalt: Am 13.12.2002 stellte der Geschäftsführer einer GmbH Insolvenzantrag, am gleichen Tag wurde ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt. Am 16.12.2002 teilte der vorläufige Insolvenzverwalter der Hausbank mit, dass er zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden sei und sperrte die Konten für Lastschriften. Aus diesem Grund wurde die Lastschrift für die Lohnsteuer November 2002 nicht mehr dem Konto belastet. Am 06.01.2003 erfolgte die Bestellung zum starken vorläufigen Insolvenzverwalter, am 09.01.2003 wurde die Lohnsteuer-Anmeldung für Dezember 2002 eingereicht. Eine Bezahlung erfolgte nicht mehr. Am 28.02.2003 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.


Das Finanzamt nahm den vorläufigen Insolvenzverwalter persönlich in Haftung für die Lohnsteuer November und Dezember 2002 und scheiterte damit vor dem Finanzgericht Münster.


Eine Haftung gemäß § 69 AO für die Lohnsteuer November 2002 schloss das Finanzgericht Münster in seinem Urteil (Az. 3 K 3206/06 L) aus, da es sich bei dem schwachen vorläufigen Verwalter nicht um einen Vertreter i. S. des § 34 AO und auch nicht um einen Verfügungsberechtigten i. S. des § 35 AO handeln würde. Er sei auch nicht als faktischer Geschäftsführer aufgetreten, da er gegenüber der Bank seine Stellung als vorläufiger Insolvenzverwalter offengelegt habe.


Auch eine Haftung für die Lohnsteuer Dezember 2002 schloss das Gericht aus. Die Löhne wurden zuletzt am 09.12.2002 ausgezahlt. Als schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter habe keine Pflicht zur Begleichung dieser Steuerschuld bestanden. Bei der Lohnsteuer handele es sich auch nicht um eine Masseverbindlichkeit i. S. des § 55 Abs. 2 InsO, da zum Zeitpunkt der Lohnzahlung noch keine starke vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet war.


Zusammenfassend stellt der Senat fest, "dass es gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO wesentliche Aufgabe eines vorläufigen Insolvenzverwalters ist, die Vermögenslage des Schuldners zugunsten aller Gläubiger vor nachteiligen Veränderung zu schützen und keine einzelnen Gläubiger vorab zu befriedigen. Dieser Aufgabe dienten auch die Handlungen des Klägers im Streitfall. Er hat sich insolvenzrechtlich pflichtgemäß verhalten. Daraus kann ihm mangels eigenen steuerbegründenden Handelns kein Vorwurf i. S. des § 69 AO gemacht werden."


Die Revision wurde nicht zugelassen.


Berlin, den 07.10.2010
Schwarz, Steuerberater