EStG/InsO: kalte Zwangsverwaltung und Einkommensteuer im Insolvenzverfahren

Die im Rahmen einer "kalten" Zwangsverwaltung erwirtschafteten Überschüsse können im Insolvenzverfahren Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit begründen.

Vermietete Immobilienobjekte führen beim Eigentümer zu einkommensteuerrelevanten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (oder ggf. zu Einkünften aus Gewerbebetrieb). Auch bei einer Zwangsverwaltung sind die Einkünfte dem Eigentümer zuzurechnen (vgl. BFH vom 11.03.2003 - Az. IX R 65/01). Es scheint dabei unbestritten, dass die Einkommensteuer, die aus diesen Einkünften resultiert, nicht vom Zwangsverwalter berichtigt werden muss (vgl.  BFH vom 22.08.1958 - Az. VI 157/87).

Läuft gleichzeitig ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Eigentümers, so handelt es sich bei der Einkommensteuer nur um eine Masseverbindlichkeit, soweit die Einkommensteuer auf tatsächlich zur Insolvenzmasse gelangten Vermietungsüberschüssen entfällt. So zumindest bereits der RFH in seinem Urteil vom 19.03.1940 (Az. I 316/39). Nun hat ein Insolvenzverwalter bei einer Zwangsverwaltung insoweit ohnehin keine Gestaltungsmöglichkeit.

Anders sieht es aber bei einer sogenannten "kalten" Zwangsverwaltung aus. Hierbei handelt der Insolvenzverwalter mehr oder weniger frei aus, in welcher Höhe die Mietüberschüsse an den Grundpfandgläubiger auszukehren sind. Man wird daher nicht umhin kommen, die Einkommensteuer - soweit diese auf die Vermietungsüberschüsse entfällt - als Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu behandeln, da diese durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet wird. Die Folgen werden anhand eines Beispiels dargestellt:

Der alleinstehende Insolvenzschuldner bezieht im Jahr 2009 einen Jahresarbeitslohn in Höhe von 30.000 EUR. Hiervon werden Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 4.861 EUR einbehalten. Dies entspräche bei einer Einkommensteuerveranlagung auch der festzusetzenden Einkommensteuer.

Nun hat der Insolvenzschuldner noch eine vermietete Immobilie, aus welcher der Insolvenzverwalter im Rahmen einer kalten Zwangsverwaltung einen Mietüberschuss in Höhe von 9.000 EUR erzielt. Hiervon kann die Masse vereinbarungsgemäß 10%, also 900 EUR, einbehalten. Bei der Ermittlung der steuerlichen Einkünfte ist noch die Abschreibung in Höhe von 5.000 EUR in Abzug zu bringen, so dass sich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 4.000 EUR ergeben.

Daraus ergibt sich eine Einkommensteuernachzahlung in Höhe von 1.307 EUR (ESt und SolZ, ohne KiSt); bezogen auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind dies 33%.

Da es sich bei der Einkommensteuer um eine Masseverbindlichkeit handelt, erzielt die Insolvenzmasse einen Verlust in Höhe von 407 EUR.

 

Fazit:

  • Bei der aus einer "kalten" Zwangsverwaltung resultierenden Einkommensteuer handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit. Da ein Insolvenzverwalter sich nicht darauf verlassen kann, dass beim Insolvenzschuldner ausreichende Verlustvorträge bestehen, sollte er bei Vereinbarungen über "kalte" Zwangsverwaltungen eine etwaige Einkommensteuer als zu berücksichtigende Ausgaben einbeziehen.
  • Für die im Rahmen einer "kalten" Zwangsverwaltung an den Grundpfandgläubiger ausgekehrten Beträge sollte eine Abrechnung verlangt werden. Soweit diese zur Begleichung von Kosten und Zinsen verwendet werden, mindern diese im Jahr der Auszahlung die steuerlichen Einkünfte und somit auch die Einkommensteuer.

 

Berlin, den 22.07.2010
Schwarz, Steuerberater