KraftStG/InsO: Kfz-Steuer in Insolvenzverfahren
Das Urteil vom 13.04.2011 (Az. II R 49/09) des 2. Senats des BFH stärkt jedoch die Rechtsposition des Insolvenzverwalters gegenüber dem Fiskus. Der Senat entschied, dass es sich bei der Kfz-Steuer für ein Fahrzeug, welches nicht Bestandteil der Insolvenzmasse ist, nicht um eine „in anderer Weise“ begründete Masseverbindlichkeit i. S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO handelt. Dies wäre nur der Fall, wenn die Kfz-Steuer selbst einen Bezug zur Insolvenzmasse aufwiese. Hieran würde es jedoch fehlen, wenn das Kraftfahrzeug aufgrund der Unpfändbarkeit gem. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht Bestandteil der Insolvenzmasse ist. Denn in diesem Fall könne der Verwalter nicht „über die Art und Weise seiner Verwendung oder Verwertung bestimmen und gegebenenfalls verhindern, dass weiterhin Kraftfahrzeugsteuer entsteht, indem er das Fahrzeug veräußert oder außer Betrieb setzt und der Zulassungsbehörde dies anzeigt“. Auch eine Nutzung für die Masse führe nicht unweigerlich zu einer Masseverbindlichkeit. Damit erteilt der 2. Senat der unglücklichen Rechtsprechung des 9. Senats eine Absage, wonach unabhängig von der tatsächlichen Verfügungsbefugnis die Rechtsposition als Halter eines Kraftfahrzeugs immer zur Masse gehöre und es sich bei der Kfz-Steuer daher um eine Masseverbindlichkeit handeln würde.
Grundsätzlich gelten aber weiterhin folgende Hinweise:
1) Bei einer Veräußerung, Freigabe oder Rückgabe an den Eigentümer (z. B. an eine Leasinggesellschaft) ist unbedingt eine Veräußerungsanzeige gem. § 27 Abs. 3 StVZO bei der Zulassungsstelle einzureichen. Diese muss die Bestätigung des Erwerbers (bzw. Insolvenzschuldners, Eigentümers) über den Empfang der Fahrzeugpapiere enthalten. Dies gilt auch für die Veräußerung an Verwerter. Die Veräußerungsanzeige dürfte auch aus versicherungsrechtlichen Gründen unbedingt notwendig sein.
2) Ein Diebstahl ist unverzüglich der Zulassungsstelle mitzuteilen. Hierbei sind auch die Fahrzeugpapiere zu übergeben. Bei einer Strafanzeige sollte man sich das Datum des Verlustes von der Ermittlungsbehörde bestätigen lassen und diese Bestätigung dem Finanzamt übersenden.
Kfz-Steuer bei freigegebenen Fahrzeugen
Der 9. Senat vertrat die Auffassung, dass die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer unbeschadet einer vom Insolvenzverwalter ausgesprochenen Freigabe des Fahrzeugs eine Masseverbindlichkeit i. S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist, solange die Steuerpflicht wegen der verkehrsrechtlichen Zulassung des Fahrzeugs auf den Schuldner noch andauert. (IX R 25/07 vom 16.10.2007, IX R 4/07 vom 29.07.2007, II B 172/09 vom 10.03.2010, so auch der Runderlass KraftSt-Nr. 43 vom 05.12.2008 der Senatsverwaltung für Finanzen; anders das Finanzgericht Saarland in seinem Urteil vom 04.05.2010, Az. 1 K 1195/08)
Diese Rechtsaufassung ist angesichts des BFH-Urteils vom 13.04.2011 überholt. Hiernach dürfte es künftig unstrittig sein, dass eine Freigabe zur Beendigung der Kfz-Steuerpflicht der Masse führt. Meines Erachtens muss jedoch die Freigabe wie eine Veräußerung bei der Zulassungsbehörde angezeigt werden.
Kfz-Steuer für gem. § 811 ZPO dem Pfändungsschutz unterliegende Fahrzeuge
Der 2. Senat des BFH zeigte bereits im Rahmen eines Antrags auf vorläufigen Rechtschutz mit seinem Urteil (BFH vom 08.09.2009, Az. II B 63/09) Skepsis, ob die Kfz-Steuer für ein insolvenzfreies Kraftfahrzeug zu Masseverbindlichkeiten führen könne. Mit seinem Urteil vom 13.04.2011 (Az. II R 49/09) bestätigte der Senat diese Auffassung. Das Urteil ist oben im Einführungsteil näher erläutert.
Kfz-Steuer bei sich nicht im Besitz der Masse befindlichen Fahrzeugen
Insolvenzverwaltung vs. Zwangsverwaltung
Kfz-Steuer und Aufrechnung
Kfz-Steuer ist grundsätzlich im Voraus zu entrichten (§ 6 KraftStG). Da jedoch die Kfz-Steuer durch das Halten des Kfz entstehen würde, vertritt der BFH in seinem Urteil vom 16.11.2004 (Az. VII R 62/03) die Auffassung, dass die Kfz-Steuer tagesweise entstehen würde. Demnach könne die Kfz-Steuer nach Insolvenzeröffnung neu gegen die Insolvenzmasse oder ggf. gegen das insolvenzfreie Vermögen festgesetzt werden. Das Guthaben, welches sich aus der Abrechnung aus der vor der Insolvenzeröffnung geleisteten Vorauszahlung ergibt, stände der Insolvenzmasse zu, könne aber seitens des Finanzamts mit Insolvenzforderungen aufgerechnet werden.
„Ein Insolvenzverwalter hat zum Zweck der Überprüfung oder Vervollständigung von masserelevanten Vermögensangaben einer Gemeinschuldnerin keinen aus § 35 Abs. 1, § 39 Abs. 1 oder § 39 Abs. 3 Satz 1 StVG folgenden Anspruch gegenüber der Kfz-Zulassungsstelle auf Bekanntgabe von Fahrzeugdaten. Es verbleibt insoweit bei dem von den §§ 97 und 98 InsO zur Verfügung gestellten Instrumentarium.“ (VG Braunschweig vom 04.09.2009, Az. 6 A 46/09)
Berlin, zuletzt aktualisiert am 01.12.2012
Schwarz, Steuerberater