UStG/InsO: FG Baden-Württemberg vom 15.6.2016, 9 K 2564/14
Am 16.05.2012 wurde der vorläufige Sachwalter gem. § 270a InsO bestellt, am 01.08.2012 wurde das Insolvenzverfahren unter Anordnung der Eigenverwaltung und Bestellung des Sachwalters eröffnet.
Strittig ist, ob nach Insolvenzeröffnung die Geldeingänge auf Forderungen aus dem Zeitraum vor Insolvenzeröffnung der Umsatzsteuer zu unterwerfen und als Masseverbindlichkeit aus der Masse zu zahlen ist.
Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass die BFH-Theorie, wonach im Falle einer Insolvenz das Unternehmen in verschiedene Unternehmensteile zerfalle (vgl. BFH vom 09.12.2010, Az. V R 22/10; BMF vom 09.12.2011 und 20.05.2015), im Fall der Eigenverwaltung nicht anzuwenden sei, da hier gerade nicht gem. § 80 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf einen Insolvenzverwalter übergehe.
Der Senat des Finanzgerichts Baden-Würtemberg vertrat in seinem Urteil vom 15.06.2016 (Az. 9 K 2564) jedoch die Auffassung, dass auch bei einer Eigenverwaltung die Umsatzsteuer bei Insolvenzeröffnung gem. § 17 UStG zu korrigieren und infolgedessen bei der Vereinnahmung der Forderung erneut zu versteuern sei, wobei es sich gem. § 55 InsO um eine Masseverbindlichkeit handle.
Der Senat begründet dies damit, dass zwar § 80 InsO nicht einschlägig sei, die vorinsolvenzliche Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Insolvenzschuldnerin jedoch nicht unverändert fortbestehe, sondern diese mit Anordnung der Eigenverwaltung eingeräumt wird, um die Masse im Sinne der Gläubigergleichbehandlung zu sichern und zu verwerten. Die Schuldnerin handle daher nicht mehr kraft eigener Privatautonomie sondern durch die ihr zugewiesene Befugnisse als Amtswalter. Aufgrund des Übergangs vom privatautonomen Handeln zum unfreien Insolvenzorgan hält es das Gericht für gerechtfertigt, die „Unternehmensaufspaltungstheorie“ auch im Fall der Eigenverwaltung anzuwenden.
Die Revision wurde zugelassen (BFH, Az. V R 45/16).
Berlin, den 23.08.2016
karus Steuerberatungsgesellschaft mbH