AO/InsO: FG Münster vom 16.05.2018 (Az. 7 K 783/17)

Geschäftsführerhaftung bei Bestellung eines vorläufigen Sachwalters

Aufgrund eines Eigenantrags einer KG bestellt im Dezember 2014 das Insolvenzgericht einen vorläufigen Sachwalter. Im April 2015 wurde das Insolvenzverfahren mit Anordnung der Eigenverwaltung eröffnet. Im November 2016 nahm das Finanzamt die Geschäftsführer im Rahmen des Grundsatzes der anteiligen Tilgung für Umsatzsteuerschulden der KG, auch aus dem Zeitraum der vorläufigen Eigenverwaltung, in Haftung.

Bereits im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (Finanzgericht Münster vom 06.02.2017, Az. 7 V 3973/16 U) hatte das Finanzgericht die Haftungsinanspruchnahme für rechtmäßig gehalten. Die Kläger blieben weiterhin ohne Erfolg (Finanzgericht Münster vom 16.05.2018, Az. 7 K 783/17).

Die Klägerseite brachte vor, dass eine Interessenkollision zwischen der Masseerhaltungspflicht (§ 64 GmbHG) und der Steuerzahlungspflicht bestände. Unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 23.09.2008 (Az. VII R 27/07), wonach bei einer Zahlung zur Abwendung einer Haftung nach §§ 69, 34 AO keine zivilrechtliche Haftung drohe, wies der Senat diese Auffassung zurück. Zudem bezweifelte er, dass § 64 GmbHG bei einer KG einschlägig sei.

Bei der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots wird der Geschäftsführer in seiner Verfügungsbefugnis nicht eingeschränkt. Dies gelte auch, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter unter Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts bestellt wird. Dies gelte erst recht bei Anordnung einer vorläufigen Eigenverwaltung. Allein der von der Klägerseite behauptete mündliche Widerspruch des vorläufigen Sachwalters gegen die Zahlung der Steuerschulden stände daher einer Haftungsinanspruchnahme nicht entgegen. Der Senat bemängelte mit Verweis auf dem BFH (Urteil vom 26,09,2017, Az. VII R 40/16), dass die Kläger nicht substantiiert dargelegt hätten welche Schritte zur Zahlung der Steuern eingeleitet worden seien, deren Weiterverfolgung sich jedoch wegen der Haltung des vorläufigen Insolvenzverwalters als sinnlos darstellte. Er vertrat aber auch die Auffassung, dass dem vorläufigen Sachwalter hier ohnehin kein Widerspruchsrecht zugestanden hätte, da er die Kassenführung nicht an sich gezogen hat.

Anmerkung: Der gleiche Senat hielt in seinem Beschluss vom 03.04.2017 (Az. 7 V 492/17 U) bei einer summarischen Prüfung bei einem gleich gelagerten Sachverhalt eine grobe Fahrlässigkeit für nicht gegeben. Allerdings hatte in diesem Fall das Insolvenzgericht angeordnet, dass Steuerzahlungen nur mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters geleitet werden dürfen.

 

Berlin, 21.06.2018

karus Steuerberatungsgesellschaft mbH