EStG/AO: BGH vom 18.12.2008 (Az. IX ZB 197/07)

 

Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Sachverhalt: Der Insolvenzverwalter forderte den Insolvenzschuldner zur Erstellung der Einkommensteuererklärung auf, um das daraus resultierende Guthaben zur Masse zu ziehen. Der Insolvenzschuldner hatte nach mehrmaliger Aufforderung behauptet, die Einkommensteuererklärung per ELSTER übertragen zu haben und – als das Finanzamt den Eingang nicht bestätigte – dem Insolvenzverwalter einen Ausdruck überlassen, welchen dieser dann beim Finanzamt als Erklärung einreichte. Aufgrund dessen konnte ein Einkommensteuerguthaben in Höhe von 202 EUR realisiert werden. Wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten beantragte ein Gläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung.

Der BGH führt in seinem Urteil vom 18.12.2008 (Az. IX ZB 197/07) dazu aus:

1) Nur der Insolvenzverwalter sei zur Abgabe der Einkommensteuererklärung verpflichtet, nicht der Insolvenzschuldner. Dieser sei nur dazu verpflichtet, die dazu notwendigen Unterlagen zu übergeben.

2) Eine Versagung der Restschuldbefreiung komme nur dann in Betracht, wenn die sich aus der InsO ergebenden Mitwirkungspflichten verletzt werden.

Nur aufgrund von Besonderheiten des Sachverhalts verwies der BGH zurück an das Beschwerdegericht.


Anmerkung:

Erfahrungsgemäß geben sich manche Finanzverwaltungen damit zufrieden, dass der Insolvenzverwalter nur die massebefangenen Einkünfte erklärt. Zur Verfahrensweise vgl. z. B. die Verfügung der OFD Magdeburg vom 26.08.2004 (S-0321 – 3 St 251, Tz. 3.3.2):
 

"Der Insolvenzverwalter ist Vermögensverwalter gem. § 34 Abs. 3 AO. Er hat, soweit seine Verwaltung reicht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen, die dem Gemeinschuldner oblägen, wenn über sein Vermögen nicht das Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre. Dazu gehört auch die Steuererklärungspflicht gem. § 149 Abs. 1 AO (BFH-Urteil vom 23.08.1994, VII R 143/92, BStBl. II 1995, 194); [...] Hinsichtlich der Einkommensteuer hat der Insolvenzverwalter eine Erklärung über die einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlagen abzugeben, soweit diese Besteuerungsgrundlagen ihre Wurzeln in der Insolvenzmasse haben (z. B. Einkünfte, die der Insolvenzverwalter erzielt hat; Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, wenn die Zahlungen aus der Insolvenzmasse geleistet werden). Hat der Schuldner außerhalb des Insolvenzverfahrens Ausgaben geleistet, die steuerlich zu berücksichtigen sind (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen), ist der Insolvenzverwalter nicht verpflichtet, diese Besteuerungsgrundlagen in die von ihm abzugebenden Steuererklärungen einzubeziehen, da diese Ausgaben nicht seiner Verwaltung unterliegen. Hierüber hat der Schuldner selbst eine Steuererklärung abzugeben. Gleiches gilt für Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte, Ausgaben) des Schuldners, soweit diese nicht zur Insolvenzmasse gehören (z. B. pfändungsfreies Arbeitseinkommen) und für Besteuerungsgrundlagen des nicht in Insolvenz befindlichen Ehegatten des Schuldners im Fall der Zusammenveranlagung."


In der Verfügung der OFD Hannover vom 27.01.2003 (S-0550 - 2744 - StH 462 / S-0151 - 2 - StO 321) heißt es dazu:

"Zweifelhaft ist, wie zu verfahren ist, wenn neben insolvenzbefangenen ertragsteuerlichen Besteuerungsgrundlagen auch insolvenzfreie Einkünfte oder insolvenzunabhängige Aufwendungen (§§ 10, 33 ff. EStG) des Schuldners erklärt werden müssen oder der Schuldner zusammen mit seiner Ehefrau veranlagt wird. Der Insolvenzverwalter ist dann nicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärung verpflichtet, sondern nur zur Abgabe der insolvenzbezogenen Besteuerungsgrundlagen. Schuldner und Ehefrau trifft die Pflicht, die sonstigen Besteuerungsgrundlagen anzugeben. Das Finanzamt hat die Angaben dann zusammenzuführen und muss ggf. schätzen."

 
Berlin, den 13.02.2009
Schwarz, Steuerberater
 
Update:
Verletzt der Insolvenzschuldner bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung seine Mitwirkungspflicht, so kann die Restschuldbefreiung gem. § 290 Nr. 5 InsO versagt werden (Landgericht Duisburg vom 22.04.2010, Az. 7 T 8/10, BGH vom 24.03.2011, Az. IX ZB 97/10)
 
Berlin, den 16.09.2011
Schwarz, Steuerberater