EStG/InsO: BFH vom 24.02.2011 (Az. VI R 21/10)

Eine Einkommensteuernachzahlung, die trotz Anrechnung der Lohnsteuer aus nichtselbständigen Einkünften resultiert, ist keine aus der Insolvenzmasse zu befriedigende Masseverbindlichkeit.
 

Über das Vermögen beider Eheleute wurde in 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet. Aus den Zusammenveranlagungen für die Jahre 2005 und 2006 ergaben sich Einkommensteuernachzahlungen, welche das Finanzamt als Masseverbindlichkeiten festsetzte. Hiergegen klagte der Treuhänder und hatte in der Vorinstanz Erfolg.


Auch der BFH vertritt nunmehr in seinem Urteil vom 24.02.2011 (Az. VI R 21/10) die Auffassung, dass es sich bei der Einkommensteuernachzahlung nicht um eine Masseverbindlichkeit handle.

Eine Masseverbindlichkeit könne gem. § 55 InsO nur durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch der Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden. Die Arbeitstätigkeit stelle jedoch keine Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters dar, da die Arbeitskraft des Insolvenzschuldners nicht zur Insolvenzmasse gehöre.

Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das Arbeitseinkommen als Neuerwerb der Insolvenzmasse zufließe. Nach Insolvenzeröffnung habe nur noch der Insolvenzverwalter die Verfügungsmacht über die Insolvenzmasse. Wenn die im Zusammenhang mit einem Neuerwerb stehenden Verbindlichkeiten ohne weiteres zu Masseverbindlichkeiten führen würden, so hätte es der Insolvenzschuldner in der Hand, die Masse zu schmälern, was gegen den Willen des Insolvenzverwalters jedoch nicht möglich sein soll. Die Einkommensteuer sei daher grundsätzlich aus dem insolvenzfreien Vermögen zu entrichten.

Dass der Steuergläubiger – abweichend zu den anderen Vertragspartnern des Insolvenzschuldners – nicht freiwillig zum Gläubiger wird, rechtfertige keine Besserstellung. Der Steuergläubiger sei bereits durch den Lohnsteuerabzug, der unmittelbar an der Erwerbsquelle unabhängig von Pfändungsfreibeträgen vorgenommen wird, privilegiert. Andere Neugläubiger, die Ansprüche aus gesetzlichen Schuldverhältnissen geltend machen können (z.B. aus ungerechtfertigter Bereicherung, Gefährdungshaftung, Geschäftsführung ohne Auftrag), verweise das Gesetz dagegen nur auf das insolvenzfreie Vermögen. Ausnahmen gäbe es z.B. nur für Unterhaltsgläubiger. Für den Fiskus sehe das Gesetz jedoch keine derartige Regelung vor. Dies könne auch nicht durch eine weite Auslegung des § 55 InsO umgangen werden.

Berlin, den 28.04.2011
Schwarz, Steuerberater

 
 
So auch der BFH in seinem Urteil vom 27.07.2011 (Az. VI R 9/11).
 
Berlin, den 25.10.2011
Schwarz, Steuerberater