InsO/AO: BFH vom 01.09.2010 (Az. VII R 35/08)
Das Insolvenzverfahren wurde im September 2003 eröffnet, seit März 2005 betreibt der Insolvenzschuldner ein Einzelunternehmen. Die hierzu benötigte Aktiva und Passiva wurde vom Insolvenzverwalter endgültig und bedingungslos aus der Insolvenzmasse freigegeben.
Im Rahmen des freigegebenen Gewerbes entstanden Umsatzsteuerguthaben, welche das Finanzamt mit steuerlichen Insolvenzforderungen aufrechnete. Hiergegen wehrte sich der Insolvenzschuldner erfolglos.
Wie bereits die Vorinstanz stellt der BFH in seinem Urteil (Az. VII R 35/08) fest, dass die Aufrechnung nicht an einer fehlenden Gegenseitigkeit scheitern würde, da zwar mit Insolvenzeröffnung zwei Vermögensmassen unterschieden werden, die Insolvenzordnung jedoch ein allgemeines Verrechnungsverbot zwischen Ansprüchen der einen gegen Forderungen, die in die andere fallen, nicht vorsehen würde.
Die insolvenzrechtlichen Aufrechnungsverbote ständen der durch das Finanzamt vorgenommenen Aufrechnung nicht entgegen.
Insbesondere würde § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht greifen, da der Umsatzsteuererstattungsanspruch nicht der Masse zustände. Dies gelte im Ergebnis auch für die Wohlverhaltensphase, da der Steuererstattungsanspruch nicht von der Abtretungserklärung gem. § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO erfasst sei und somit die Einschränkung der Verrechnungsmöglichkeit gem. § 294 Abs. 3 InsO nicht gelte.
Auch § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO sei ebenfalls nicht einschlägig, da die Insolvenzmasse den Erstattungsanspruch nicht für sich beanspruchen könne.
Ebenso § 294 Abs. 2 InsO, wonach Abkommen, mit welchen einzelnen Insolvenzgläubigern Sondervorteile verschafft werden, nichtig sind, stände der Aufrechnung nicht entgegen, da das Umsatzsteuerguthaben eine gesetzliche Folge und nicht aufgrund eines freien Beliebens des Insolvenzschuldners entstanden sei.
Berlin, den 05.12.2010
Schwarz, Steuerberater
Update:
Der BFH hat die Rechtsaufassung mit seinem Urteil vom 23.08.2011, Az. VII B 8/11 bestätigt.
Berlin, den 16.06.2012
Schwarz, Steuerberater