UStG: Vorsteuerberichtigungsanspruch gem. § 15a UStG als Masseverbindlichkeit
Gemäß § 15a UStG ist der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung oder Herstellung eines nicht nur für einmalige Umsätze verwendetes Wirtschaftsgut zu berichtigen, wenn sich innerhalb des Berichtigungszeitraums die für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse ändern. Der Berichtigungszeitraum beträgt 5 Jahre, bei Grundstücken 10 Jahre. Ein typischer Fall ist die gem. § 4 Nr. 9a UStG umsatzsteuerbefreite und den Vorsteuerabzug ausschließende Grundstücksveräußerung, wenn aus der Anschaffung oder Herstellung des Grundstücks und des Gebäudes Vorsteuer geltend gemacht wurde.
Auch wenn die Vorsteuer bereits vor Insolvenzeröffnung geltend gemacht wurde, soll es sich gem. der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung um eine Masseverbindlichkeit i. S. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO handeln, da die Vorsteuerberichtigungsansprüche erst durch die Verwaltung bzw. Verwertung der Insolvenzmasse in Form der umsatzsteuerfreien Veräußerung oder Vermietung entständen. So der BFH in seinem Urteil vom 09.04.1987 (Az. V R 23/80) bei der Verwertung eines Grundstücks durch den Konkursverwalter, in seinen Urteilen vom 06.06.1991 (Az. V R 115/87) und vom 29.11.1993 (Az. V B 93/93) bei der durch einen absonderungsberechtigten Grundschuldgläubiger betriebenen Zwangsversteigerung eines zur Konkursmasse gehörenden Grundstücks sowie in seinem Urteil vom 09.02.2011 (Az. XI R 35/09) bei der Fortführung von umsatzsteuerfreien Mietverträgen durch den Insolvenzverwalter. Angesichts des Urteils vom 16.08.2001 (Az. V R 59/99) dürfte auch eine vor der Verwertung erfolgte Freigabe aus der Insolvenzmasse zu Masseverbindlichkeiten führen, wenn der Erlös der Tilgung von Insolvenzforderungen dient.
Diese Rechtsauffassung hatte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit seinem Urteil vom 24.11.2010 (Az. 7 K 7008/08) bestätigt: Ein Insolvenzverwalter hatte ein Erbbaurecht umsatzsteuerfrei veräußert. Das Finanzamt hatte daraufhin - aus der Sicht des Finanzgerichts zu Recht - den sich daraus ergebenden Vorsteuerberichtigungsanspruch als Masseverbindlichkeit festgesetzt. Das Finanzgericht hatte eine Revision nicht zugelassen, da es diese Rechtsfrage für höchstrichterlich geklärt hielt. Überraschenderweise wurde die Revision jedoch vom BFH zugelassen und ist dort seit dem 22.08.2011 unter dem Aktenzeichen V R 24/11 anhängig.
Hinweis: Auf die Umsatzsteuerbefreiung kann der Insolvenzverwalter in den Grenzen des § 9 UStG verzichten. Die Verzichtserklärung ist in den notariell zu beurkundenden Vertrag aufzunehmen. Bei Zwangsversteigerungsverfahren kann der Insolvenzverwalter die Erklärung bis zur Aufforderung zur Abgabe von Angeboten abgeben. Unter Umständen kann bei einer Veräußerung eines Grundstücks aber auch eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen i. S. § 1 Abs. 1a UStG vorliegen. Sowohl bei einer umsatzsteuerpflichtigen Veräußerung als auch bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen fällt kein Vorsteuerberichtigungsanspruch i. S. § 15a UStG an. Bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen sind jedoch die Informationspflichten des Verkäufers gem. § 15a Abs. 10 Satz 2 UStG zu beachten.
Berlin, den 29.09.2011
Schwarz, Steuerberater
Update: Der BFH hat am 08.03.2012 wiederholt entschieden, dass es sich bei der Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG um eine Masseverbindlichkeit handelt (Az. V R 24/11).
Berlin, den 30.03.2012
Schwarz, Steuerberater
Update: Der 11. Senat des BFH hat entschieden, dass die Rechtsprechung auf eine Zwangsverwaltung übertragbar ist (BFH vom 28.06.2011, Az. XI B 18/11).
Berlin, den 11.05.2012
Schwarz, Steuerberater
Update: Der BFH stellt in seinem Urteil vom 21.10.2015 (Az. XI R 40/13) fest, dass ein Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung nur in dem dieser Grundstückslieferung zugrunde liegenden notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden kann. Ein späterer Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung ist unwirksam, auch wenn er notariell beurkundet wird.
Berlin, den 28.12.2015
Schwarz, Steuerberater