UStG: BFH vom 08.08.2013 (Az. V R 18/13)

Die umsatzsteuerliche Organschaft endet bereits mit Bestellung eines „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters bei der Organgesellschaft.

Der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine umsatzsteuerliche Organschaft erst mit Anordnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. bei Bestellung eines verfügungsberechtigten vorläufigen Insolvenzverwalters (sogenannter „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter) endet, aufgegeben.

Der V. Senat kommt nunmehr in seinem Urteil vom 08.08.2013 (Az. V R 18/13) zu dem Ergebnis, dass bereits mit Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinen Zustimmungsvorbehalt (sogenannter „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter) die umsatzsteuerliche Organschaft endet. Er begründet dies damit, dass die organisatorische Eingliederung weggefallen sei.

Der vorläufige Insolvenzverwalter habe die insolvenzrechtliche Pflicht, Vermögensverringerungen im Interesse aller Gläubiger zu verhindern. Der Senat verweist hierbei u. a. auf die BGH-Urteile vom 04.11.2004, Az. IX ZR 22/03 und vom 25.10.2007, Az. IX ZR 217/06. Die Erfüllung von Verbindlichkeiten sei daher nur noch zulässig, soweit dies zum Beispiel notwendig für die Aufrechterhaltung des Schuldnerunternehmens sei. Der Weiterleitung der vereinnahmten Umsatzsteuer an den Organträger, damit dieser seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Fiskus zu erfüllen vermag, könne daher der vorläufige Insolvenzverwalter nicht zustimmen. Dem Organträger sei es daher nicht mehr möglich, seine Rolle als „Steuereinnehmer“ für die Organgesellschaft zu erfüllen.

Für die organisatorische Eingliederung käme es aber auf die Möglichkeit zur Willensdurchsetzung an, die Verhinderung einer abweichenden Willensbildung reiche nicht aus. Daher sei eine organisatorische Eingliederung nicht mehr gegeben, selbst wenn der bisherige Organträger einziger Geschäftsführer der GmbH bleibe.

Der Senat stellt weiterhin fest, dass bereits mit Anordnung der „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwaltung der Vorsteuerberechtigungsanspruch gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG entstehe, welcher sich gegen den bisherigen Organträger richte.


Der BFH gibt damit seine langjährige Rechtsauffassung auf. Dies löst einerseits sicherlich das Problem, inwieweit bei einer simultanen vorläufigen Insolvenzverwaltung des Organträgers sowie der Organgesellschaft es sich bei der Umsatzsteuer, die durch die Organgesellschaft verursacht wurde, bisher aber weiterhin dem Organträger zuzuordnen war, bei dem Organträger um eine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 4 InsO handelt.

Andererseits stellt sich nun die Frage, ob nicht bereits die Organschaft bei Krise der Organgesellschaft endet. Auch in diesem Fall hat der Geschäftsführer einer GmbH die Verpflichtung, die Masse zu erhalten. Er haftet gem. § 64 GmbHG, wenn er nicht entsprechend handelt. Folgt man der Argumentation des V. Senats, dann müsste trotz einer Personenidentität der Geschäftsführung die organisatorische Eingliederung bereits zu diesem Zeitpunkt beendet sein.

Ich gehe davon aus, dass die Finanzverwaltung diese pro fiskalische Rechtsprechung über diesen Einzelfall hinaus anwenden wird. In dem Umsatzsteuer-Anwendungserlass ist jedoch noch die bisherige Rechtsauffassung verankert (Abschnitt 2.8 Abs. 8 UStAE). Es ist daher damit zu rechnen, dass das Urteil durch ein BMF-Schreiben mit Wirkung eines künftigen Stichtags für anwendbar erklärt wird.


Berlin, den 09.09.2013
Schwarz, Steuerberater