EStG/HGB: OLG Dresden vom 29.11.2004 (Az. 2 U 1507/04)

Bei insolventen Personengesellschaften fällt die die Insolvenzmasse mindernde Kapitalertragsteuer an. In dieser Höhe entsteht ein Erstattungsanspruch gegen die Gesellschafter.
In der Insolvenz einer Personengesellschaft wird weiterhin Kapitalertragsteuer (Zinsabschlagsteuer) von Zinseinnahmen, Dividenden, etc. einbehalten. Bei der Kapitalertragsteuer handelt es sich grundsätzlich nicht um eine von der Personengesellschaft geschuldeten Steuer, sondern um eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer der Gesellschafter, welche diese im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagung anrechnen lassen können. Eine Erstattung direkt an die Gesellschaft ist auch im Insolvenzfall nicht möglich (BGH vom 15.03.1995, Az. I R 82/93).

Soweit die Anrechnung bei dem Gesellschafter tatsächlich erfolgt, sieht der BGH hierin eine Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen, welches der Gesellschafter – soweit der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung enthält – an die Gesellschaft zurück zu erstatten hat (BGH vom 30.01.1995, Az. II ZR 42/94).

Das OLG Dresden folgt dieser Rechtsauffassung auch in dem Fall einer insolventen Personengesellschaft. Der Gesellschafter ist demnach verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung einzureichen, um die anrechenbare Kapitalertragsteuer zu realisieren und an die Gesellschaft auszukehren. Unterlässt er die Abgabe einer Einkommensteuererklärung, so ist er in Höhe der Kapitalertragsteuer gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig (OLG Dresden vom 29.11.2004, Az. 2 U 1507/04).

Voraussetzung für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer ist jedoch immer eine Erklärung zur gesonderten Feststellung der Einkünfte der Gesellschaft. Der Insolvenzverwalter einer Personengesellschaft ist zwar dazu verpflichtet, Jahresabschlüsse und betriebliche Steuererklärungen für die Gesellschaft zu erstellen, hierzu gehört jedoch nicht die genannte Erklärung. Diese muss (und darf) er nicht erstellen (BGH vom 23.08.1994, Az. VII R 143/92). Erklärungspflichtig bleiben die Geschäftsführer oder ggf. die Gesellschafter.

Bei einer Insolvenz der Personengesellschaft scheitert in der Praxis die Anrechnung also bereits am Fehlen der gesonderten Feststellungserklärung. Als pragmatische Lösung bietet es sich an, zusammen mit dem Jahresabschluss die Originale der Steuerbescheinigungen dem Finanzamt zu übersenden. Erfahrungsgemäß schätzen die Finanzämter auf dieser Basis den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Einkünfte.

Der Insolvenzverwalter muss dann nur noch den Erstattungsanspruch gegen die Gesellschafter durchsetzen, was jedoch nicht selten an der Solvenz der Betroffenen scheitert.


21.06.2007 Ullrich Schwarz, Steuerberater