KStG/InsO: Niedersächsisches Finanzgericht vom 20.05.2010 (Az. 6 K 408/09)

Körperschaftsteuerguthaben gemäß § 37 Abs. 5 KStG sind - abweichend von den Verfügungen der OFD Münster und der OFD Koblenz - mit Insolvenzverbindlichkeiten aufrechenbar, auch wenn das Insolvenzverfahren vor dem 01.01.2007 eröffnet wurde.

Bis Ende 2000 wurde das Einkommen von Kapitalgesellschaften  nach dem Körperschaftsteueranrechnungsverfahren besteuert. Dieses sah auf der Ebene der Körperschaft für einbehaltene (thesaurierte) Gewinne eine höhere Besteuerung als für ausgeschüttete Gewinne vor. Entsprechend dieser Systematik ergab sich bis zur Ausschüttung ein Körperschaftsteuerminderungspotential.

Mit dem im Jahr 2001 vollzogenen Wechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren und der damit einhergehenden Einführung eines einheitlichen Körperschaftsteuersatzes ist die unterschiedliche Belastung von einbehaltenen und ausgeschütteten Gewinnen entfallen. Das (bis dahin) entstandene Körperschaftsteuerminderungspotential wurde durch gesonderte Feststellung auf den 31.12.2001 in ein Körperschaftsteuerguthaben umgewandelt und zunächst in Abhängigkeit von per Beschluss vorgenommenen Gewinnausschüttungen zur Auszahlung gebracht. Mit der Einführung des § 37 Abs. 5 KStG zum 31. Dezember 2006 wurde die Bedingung der Ausschüttung aufgehoben und durch eine ratierliche, auf zehn Jahre gestreckte Auszahlung - beginnend ab dem 30.09.2008 - ersetzt. 

In einem am 31.03.2006 eröffneten Insolvenzverfahren rechnete das Finanzamt die Raten mit steuerlichen Insolvenzverbindlichkeiten auf. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Insolvenzverwalter Klage und verlangte die Auszahlung zur Insolvenzmasse. Zur Begründung führte er u.a. aus, dass das Guthaben erst mit Feststellung durch das Finanzamt zum 31.12.2006 - also nach Insolvenzeröffnung - entstanden sei und somit eine Aufrechnung gegen § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO verstieße (so auch die Verfügungen der OFD Münster vom 20.04.2007 und der OFD Koblenz vom 07.12.2007).

Das Niedersächsische Finanzgericht vertritt jedoch in seinem Urteil vom 20.05.2010 die Auffassung, dass das Körperschaftsteuerguthaben bereits im Rahmen des Wechsels vom Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren und somit zum 31.12.2001 insolvenzrechtlich begründet ist. Eine Aufrechnung sei daher gemäß § 95 Abs. 1 InsO möglich, das Aufrechnungsverbot gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO stehe dem nicht entgegen. So urteilte bereits auch das Thüringer Finanzgericht (Urteil vom 18.02.2010, Az. 2 K 215/09, Revision beim BFH unter dem Az. I R 20/10).

Die vom Finanzgericht zugelassene Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 38/10 anhängig.

Berlin, den 24.08.2010
Schwarz, Steuerberater

Update: Der BFH hat die Rechtsauffassung der Finanzgerichte verworfen, siehe BFH vom 23.02.2011, Az. I R 20/10.